Auf dieser Seite möchte ich Euch Sagen rund um Angeln und die Schlei nahe bringen. Diese Sagen und
Legenden haben mir schon meine Eltern in meiner Kindheit als gute Nacht Geschichten erzählt. In meinem Geburtsort Arnis an der Schlei, war es über Generationen üblich, diese Geschichten an die
Nachkommen weiterzugeben. Mich hat das immer Fasziniert, da ich auch mit dem Boot als kleiner junge diese Orte erkunden konnte.
Dann viel Spaß beim Lesen. Ich werde mit der Offa Sage ( Beowulf beginnen ) und im laufe der Zeit immer
mehr hinzufügen.
Gruß aus Angeln
Eure Wikinger
Die Sage von der Offa-Quelle
Wermund, der König von Angeln, war voller Gram und Sorge um sein Königreich, denn der alternde König hatte nur einen Sohn geschenkt bekommen, Offa oder Uffa ( später Beowulf ) mit Namen, der blind, stumm und gelähmt war. Noch verfügte König Wermund über genügend Kraft, um seine feindlichen Nachbarn mit dem Schwert von den Grenzen fern zu halten. Das jedoch sollte Offas Aufgabe sein, und das schreckliche Ende war abzusehen. Da erfuhr derKönig von einer Quelle an den Ufern der Schlei, deren Wasser eine wundersame Kraft haben sollte. Wer in dieser Quelle alle sieben Jahre im Banne des Sirius bei Vollmond bade, der würde von allen Leiden geheilt und in der Lage sein, jeden Feind im Zweikampf zu besiegen. Der greise König erblindete inzwischen vollends, und tiefeTrauer verbreitete sich über sein Land, als der Dänenkönig Alewich eine Aufforderung zum Zweikampf überbringen ließ, von dessen Ausgang die Zukunft des Landes Angeln abhängen sollte. Sein Sohn Offa hatte aber mehrmals in der Quelle gebadet und genas. Er fühlte sich daraufhin stark genug, die an seine Vater ergangene Aufforderung zum Zweikampf anzunehmen. Der Kampf fand auf der Eiderinseln statt, und Offa blieb Sieger. Das Wasser der Quelle bei Arnis hatte das gehalten, was man ihr zuschrieb und rettete dank ihrer Heilkraft das Land Angeln.
Bis zum Mitte des letzten Jahrhundert zu Ostern wurden noch junge Mädchen zur Quelle geschickt, um
Wasser für die Menschen und Tiere in der Umgebung zu holen. Sie durften weder Reden noch Lachen und sollten sich nur Barfuß der Quelle nähern.
(Später, nach der Zusammenkunft mit den Südlich der Schlei gelegenen Sachsen und der Abwanderung nach
England.)
Er war der erste Angelsachse, der sich als König von England bezeichnete (774). Am Ende seiner Regierungszeit herrschte er tatsächlich über ganz England südlich des Humber. Gemeinsam mit Æthelred I. von Wessex eroberte er London. Gegenüber Wales verhielt er sich defensiv und errichtete an der Grenze einen Schutzwall, Offa’s Dyke.
Hier noch einige links zur offa Sage
Leider ist die echte Offa Quelle nur bei flachem Wasser zu erreichen. Diese in
Arnis nachgebaute Quelle ist nicht die Originale. Der genaue Standort ist mir bekannt, da wir als Kinder bei Flachwasser immer aus der Quelle getrunken haben. Ich glaube auch nicht, dass diese
Quelle Heilkräfte besitzt, da der Friedhof von Arnis keine 50 m weit entfernt ist.
Also, lieber einen Met Trinken, statt dieses
Wasser.
Hexenbäume in der nähe von Gut Roest bei Kappeln
Der Sage nach wurden vor langer Zeit sechs Frauen der Hexerei bezichtigt und mit Eisenketten an sechs im Kreis stehende Bäume im Wald des Gutes Roest gebunden, um sie dort verdursten zu lassen.
Eine der Frauen soll damals den Fluch heraus geschrien haben, dass alle Gutshöfe der Umgebung abbrennen würden, wenn diese Bäume jemals gefällt würden.
An den noch verbliebenen 5 Bäumen sollen noch spuren der ketten zu sehen sein. Ich werde demnächst der Sache auf den Grund gehen und einige Fotos machen. Früher standen die Bäume im Wald, der leider für die Landwirtschaft abgeholzt wurde.
Die Sage um Harald Blauzahn und dem Poppostein
1. Sage
Im Jahre des Herrn 966 wurden die Dänen durch einen Mann namens Poppo zum Glauben bekehrt, welcher ein feuriges und glühendes Eisen, das wie ein Handschuh geformt war, vor dem Volke einhertrug, ohne davon verletzt zu werden. Als dies König Harald sah, legte er das Heidentum ab und bekehrte sich mit seinem Volke zur Verehrung des wahren Gottes. Poppo wurde aber zum Bischof ernannt.
2. Sage
Es soll der Teufel in seiner blinden Wut darüber, dass ihm so viele Seelen entrissen wurden, den Stein dem Bischof Poppo entgegengeschleudert haben, um ihn zu töten. Aber er hatte dem Fels einen zu großen Schwung gegeben, so dass er über den Kopf des Bischofs hinweg auf die Erde fiel. In den runden Vertiefungen waren noch die Fingerabdrücke des Teufels zu erkennen. Nun benutzte Poppo den Teufelsstein erst recht für sein heiliges Werk und machte ihn zum Taufstein.
Ein Beweis für die Bekehrung König Haralds, auch Harald Blauzahn genannt, der nach seinem Vater, König Gorm, einem grausamen Verfolger der Christen, im Jahre 936 die Thronfolge antrat und 50 Jahre lang herrschte, ist die Runeninschrift auf dem großen Jellingestein in Dänemark, die lautet: "König Harald ließ dieses Denkmal setzen nach seinem Vater Gorm und seiner Mutter Thyra dem Harald, der sich ganz Dänemark und Norwegen unterwarf und machte die Dänen christlich.
Das Steinkammergrab stammt aus der jüngeren Steinzeit und war ursprünglich unter einem aufgeschütteten Erdhügel verborgen. Der Zeitpunkt der Freilegung ist unbekannt. Die Sage erzählt, dass Bischof Poppo hier Taufhandlungen vollzogen hat, unter anderen soll im 10. Jh. der Dänenkönig Harald Blauzahn an dieser Stelle getauft worden sein.
Schlei Legenden
Zwei arme Fischer, die auf dem Schleswiger Holm wohnten, hatten die ganze Nacht vergeblich gearbeitet, und zogen zum letztenmal ihre Netze wieder leer herauf. Als sie nun traurig heimfahren wollten, erschien ihnen die schwarze Greet, die sich öfters den dortigen Fischern zeigt; sie kommt vom andern Ufer her, wo eine Stelle im Dannewerk in der Nähe von Haddebye nach ihr Margretenwerk heißt, und erscheint in königlicher Pracht mit Perlen und Diamanten geschmückt, aber immer im schwarzen Gewande – ganz so, wie sie früher auf dem Husumer Schloß im sogenannten Margretensaal zu schauen war. Die sprach zu den Fischern: »Legt eure Netze noch einmal aus, ihr werdet einen reichen Fang tun; den besten Fisch aber, den ihr fangt, müßt ihr wieder ins Wasser werfen.« – Sie versprachen es und taten, wie die Greet gesagt; der Fang war so überschwenglich groß, daß ihn der Kahn kaum fassen wollte. Einer der Fische aber hatte Goldmünzen statt der Schuppen, Flossen von Smaragd und auf der Nase Perlen. »Das ist der beste Fisch«, sprach der eine, und wollte ihn wieder ins Wasser setzen. Aber der andre wehrte ihm und versteckte den Fisch unter den übrigen Haufen, daß die Greet ihn nicht sähe; dann ruderte er hastig zu, denn ihm war bange. Ungern folgte ihm sein Gefährte. Aber wie sie so hinfuhren, fingen die Fische im Boote allmählich an zu blinken, wie Gold, denn der Goldfisch machte die übrigen auch golden. Und der Nachen ward immer schwerer und schwerer, und versank endlich in die Tiefe, in die er den bösen Gesellen mit hinabzog. Mit Not entkam der andre und erzählte die Geschichte den Holmer Fischern.
Tatsächlich fingen die Fischer so viele Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Einer der Fische hatte Schuppen aus Gold, Flossen aus Smaragd und war mit Perlen verziert. Sie erkannten, dass dies der kostbare Fisch sein musste, den sie zurück in die Schlei werfen sollten. Einer der Fischer weigerte sich jedoch und wollte den kostbaren Fang unter den anderen Fischen verstecken.
Kaum hatte er die wertvolle Fracht unter die anderen Fische geschoben begannen auch diese golden und glänzend zu werden. Das Boot mitsamt dem gierigen Fischer sank unter der Last der Fische und nur der andere Fischer konnte sich ans Ufer retten. Später wollte ihm keiner seine wunderliche Geschichte so recht glauben.
In Schleswig-Holstein gibt es zahlreiche Geschichten über die Unterirdischen.
Der Sage nach hatte eine Frau zehn Kinder, fünf schöne und fünf hässliche. Als Jesus an ihrem Haus vorbeikam, verlangte er, ihre Kinder zu sehen. Die Frau holte ihre fünf schönen Kinder vor das Haus, die hässlichen sperrte sie in den Keller. Doch Jesus fragte sie, wo die übrigen Kinder seien. Die Frau antwortete, sie habe keine weiteren Kinder.
Was drunten ist, soll drunten bleiben"
Jesus segnete die fünf schönen Kinder und sprach: "Was drunten ist, soll drunten bleiben, was oben ist, soll oben
bleiben.
" Als die Frau in den Keller ging, um die hässlichen Kinder zu holen, waren diese verschwunden. Sie leben der Sage nach als Unterirdische unter der Erde in Hünengräbern.
Auf einem Berg in der Nähe von Kiel sollen die Kinder einem Bauern jeden Tag einen Mittagstisch bereitet haben, der gedeckt aus der Erde empor stieg. Zusammen mit Bekannten aß der Bauer täglich nach getaner Arbeit zu Mittag. Ein kleiner Junge nahm eines Tages jedoch einen Löffel von der Tafel mit. An den folgenden Tagen blieb der Tisch verschwunden. Erschrocken berichtete der Junge, was er getan hatte und musste den Löffel zurückbringen. Als er auf den Berg kam, stand dort der Tisch. Er legt den Löffel darauf und der Tisch verschwand. Da die Unterirdischen sich jedoch nicht testen lassen, bereiteten sie seitdem keinen Tisch mehr.
Eine andere Geschichte besagt, dass die Unterirdischen von Zeit zu Zeit menschliche Frauen zu sich holten, damit diese ihnen bei der Geburt ihrer Kinder halfen. Zur Belohnung gaben sie den Frauen Asche, Kohlen, Späne oder anderes Wertloses. Nach einiger Zeit verwandelten sich die anscheinend wertlosen Gaben allerdings in Gold. Die meisten Beschenkten warfen die Gabe aber weg, bevor sie sich verwandelte. Sie bemerkten ihr Unglück nur, wenn ein kleines bißchen Asche an der Kleidung haften oder auf dem Boden liegen geblieben war.
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bei Haithabu
In einem Dorf Stapelholms wurde ein Bauernhof zum Kauf feilgeboten, weil sich seine Bewohner mit dem Niss Puk, dem kleinen Kobold des Hauses, nicht mehr vertrugen. Zeitlich am Morgen, ehe der Tag graute, wann der Hausherr mit seinen Knechten zu arbeiten anfing, brachte der Niss den ganzen Hühnerstall so in Aufruhr, daß niemand im Haus mehr schlafen konnte. Oft zupfte der Puk die Leute bei der Nase oder kniff sie in die Zehen; das Vieh im Stall machte er wild, daß es nachts mit den Ketten laut lärmte, und allerlei anderer Schabernack, den der Zwerg anstellte, war nicht dazu angetan, die Laune der Hausbewohner zu bessern. Darum ließ der Bauer sein Haus feilbieten.
Dem Hof des Bauern gegenüber wohnte ein wohlhabendes Ehepaar; sie sprachen über den Hauskauf. Die Frau meinte: »Das Haus wird nicht viel kosten; es wäre gut, wenn du es für unseren Ältesten kaufen wolltest.«
»Das werde ich wohlweislich bleiben lassen«, erwiderte der Mann; »daß wir uns all die Plage auf den Hals hetzen! Das ganze Dorf weiß doch, warum das Haus verkauft wird. Tagsüber Arbeit in Fülle und nachts keine Ruhe!«
»Vater«, sagte die Frau, »du weißt doch, wie ruhig es bei dem früheren Besitzer war. Jeden Abend wurde dem Niss sein Schüsselchen mit süßer Grütze auf den Heuboden gestellt, und niemand durfte ihm etwas zuleid tun. Da war überall Segen und Wohlstand im Hause. Nachher aber zogen diese Leute ein, die kein Verständnis für, den Puk hatten, und seitdem hat das arme Wesen keine Ruhe mehr; allenthalben machen sie Jagd auf ihn, und die Grütze geben sie ihm auch nimmer. Ist's da ein Wunder, wenn er den Leuten auch manches antut, was ihnen nicht behagt!«
Der Mann überlegte sich die Sache noch einmal, besprach sich wieder mit seiner Frau, und schließlich kaufte er das Haus um einen, Spottpreis. Es hatte sich kein anderer Käufer gemeldet, und der Besitzer wollte es um jeden Preis loshaben.
Der neue Eigentümer bezog das Haus nun mit seiner Frau selbst; der Sohn aber sollte den väterlichen Hof übernehmen. Die Frau ließ nun das Haus zunächst reinigen und in den acht Tagen, ehe sie es bezogen, jeden Abend eine süße Grütze mit Butter hinübertragen und auf den Heuboden bringen. Die drei ersten Abende wurde nichts angerührt, an den folgenden aber war immer alles leer gegessen. Als nun am neunten Abend ein Paar weiche Pantoffeln, die sie für den Niss hingelegt hatten, verschwunden war, glaubten sie sicher zu sein, das Wohlwollen des kleinen Wesens gewonnen zu haben; sie bezogen daher am nächsten Tag das Haus und hatten sich nicht getäuscht, denn es gab nie Anlaß, sich über irgend eine Bosheit des Niss ärgern zu müssen.
Viele Leute behaupteten sogar, an Winterabenden den Niss mitten unter der Familie, meistens in der kleinen Ecke hinter dem Ofen, gesehen zu haben. Doch verschwand er beim Anblick fremder Gesichter sofort. Im Hause ging weiterhin alles gut, und die Familie lebte in ungestörter Ruhe.
In Jagel bei Schleswig war vorzeiten ein Wirt, der bemerkte mit Verdruß, daß sein Bier immer zu früh all ward, ohne daß er wußte wie. Einmal fuhr er nach der Stadt, um neues Bier zu holen. Als er nun zurückkam und bei dem Jagelberg vorbeifuhr, wo ein Riesengrab ist, hörte er ganz jämmerlich schreien: Pingel ist tot! Pingel ist tot! Er geriet darüber in die größte Angst, und fuhr schnell nach Hause; da erzählte er seiner Frau: »Ach, was hab ich eben für Angst ausgestanden; da fuhr ich an dem Jagelberg vorbei, und da schrie es so jämmerlich: ›Pingel ist tot! Pingel ist tot!‹« Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so kam ein Unterirdischer aus dem Keller gesprungen und schrie:
Ach, ist Pingel tot, ist Pingel tot,
So hab ich hier Bier genug geholt,
und damit lief er fort. Nachher fand man einen Krug bei dem Fasse im Keller stehen, den der Unterirdische zurückgelassen hatte; denn er hatte für den kranken Pingel das Bier gestohlen.
Bei Jagel liegt der hohe Jagelberg; darin wohnen die Unterirdischen. Ein Bauer Klaas Neve in Jagel war nun einmal in Verlegenheit um fünfzig Taler. Er hatte aber eine kluge Frau; die gab ihm den Rat die Unterirdischen zu bitten. Da ging Klaas Neve dreimal um den Jagelberg herum und rief: »Kulemann, Kulemann!« »Wat sall Kulemann?« »lk wull föftig Daler van ein lehnen.« »Wo lang' denn?« »Up en Johr.« »Gah up de armer Siet van den Barg, da sast du finden wat du söchst.« Klaas Neve ging um den Berg; da fand er fünfzig blanke Taler. Als nun das Jahr herum war, sagte seine Frau, vor allen Dingen sollte er nun die fünfzig Taler zusammenpacken und den Unterirdischen bringen; sonst möchte es ihnen gehen wie ihren Nachbarn, die auch von den Unterirdischen geliehen, aber nicht wieder bezahlt hätten; dafür sei ihnen nachher alles von den Unterirdischen behext worden, so daß sie zuletzt von ihrer Stelle gemußt hätten. Der Bauer tat wie seine Frau gesagt hatte, und nahm noch dazu einen schönen großen Schinken auf den Nacken. Damit ging er dreimal um den Berg und rief: »Kulemann, Kulemann!« »Wat sall Kulemann?« »lk will ein sine föftig Daler werrer bringen, de he mi vör en Johr lehnt hett; hier is ok en Schinken för de Tinsen.« Da antwortete es aus dem Berge: »Kulemann is dood, un da du so en erlike Mann büst, so söllt di de föftig Daler schenkt sien.«
Nordsee
Die Friesen waren einst im Kriege mit den Dänen. In einer Schlacht gerieten sie in Unordnung und flohen. Die friesischen Weiber, welche im Lager eben Brei kochten, ergriffen die Grütztöpfe, als sie ihre Männer so feige sahen, und gingen damit dem Feinde entgegen. Rechts und links flog nun der heiße Brei den Dänen um die Ohren. Sie verwunderten sich anfangs und lachten; aber als die Friesen die Kühnheit ihrer Frauen sahen, kehrten sie von Scham erfüllt um und begannen die Schlacht von neuem. Da kam die Reihe des Fliehens an die Dänen, und es hieß später, die friesischen Weiber hätten die Dänen mit dem Breitopf in die Flucht geschlagen, die Männer aber ihn aus Dankbarkeit in das friesische Wappen aufgenommen.
Als noch die Ems unmittelbar unter der Stadtmauer von Emden floß und der Delft jeden Abend abgeschlossen wurde, begab es sich einmal, daß ein gewaltiger Nordweststurm losbrach. Bei diesem Wetter wurde ein großes Kauffahrteischiff, das lange auf fremden Meeren geschwalkt hatte, sehnlichst zurückerwartet. Bei der Einfahrt in die Ems war es bereits gesichtet und gemeldet worden und erschien des Nachts mit vollen Segeln vor der Stadt. Schon war es dem schützenden Delft nahe, und man sah bei dem trüben Lampenschein die Seeleute sich tummeln, um die Landung vorzubereiten, und man hörte die Stimme des Kapitäns, dessen Kommandorufe den Sturm übertönten, als plötzlich das Schiff von einer Windsbraut erfaßt wurde. Mit einem Ruck wurde es emporgehoben, niedergetaucht, wieder aufgehoben, herumgewirbelt und dann in die Tiefe hinabgestampft. Vierzig brave Emdener Seeleute riefen durch die Nacht um Hilfe, und die Leute am Ufer erfaßte Grauen und Mitleid mit ihren Vätern und Brüdern, die im Angesicht ihrer Vaterstadt so jämmerlich zugrunde gehen sollten. Man verlangte vom Hafenschließer das Wachtboot, um die Seeleute zu retten, unter denen sein eigener Sohn war; aber er weigerte sich, es herzugeben, weil er den Schiffskapitän auf den Tod haßte, und sprach: »Die Barke bleibt hier! Es wäre nutzlos, sie ausgehen zu lassen, auch hat der Kapitän es nicht besser verdient, als es ihm jetzt da draußen geschenkt wird!« Endlich zwang man ihn den Schlüssel herzugeben, aber da war es längst zu spät, das Schiff war mit Mann und Maus versunken.
Aber noch immer, wenn der Nordweststurm die Wellen aufpeitscht, sieht man in dunkler Mitternacht ein Geisterschiff heranstürmen, in bläulichen Lichtschimmer eingehüllt. Man hört das Klappern der Rahen, das Rasseln der Ketten, die Kommandorufe des Kapitäns und den Todesschrei der ertrinkenden Matrosen.
An einem heißen Sommertage setzte ein Mann aus Nieblum auf Föhr, der in der Wohlmende mit Grasmähen beschäftigt war, sich zum Essen nieder, um in Ruhe ein Stück Brot zu verzehren. Da kam eine große Wasserhose in gerader Richtung auf ihn los. Da der Mann wohl wußte, daß solche von Hexen herrühren, warf er beherzt sein Brotmesser hinein, um die Hexe zu verwunden. Da wurde er im Nu gefaßt und wirbelnd durch die Luft getragen, bis er endlich wohlbehalten auf einer kleinen Insel am Ende der Welt wieder den Boden berührte. Er sah den elendesten Tod vor Augen, denn die Insel war ganz wüst und durchaus unbewohnt, und von einem stürmischen Meer umgeben. In seiner Angst und Not schrie er um Hilfe und bat die Hexe um Verzeihung. Da ward ein Stuhl niedergelassen, an dem ein Strick mit drei Knoten befestigt war. Er setzte sich darauf, und es kam eine Stimme aus der Luft, die ihm zurief, wenn er wieder nach Hause wolle, so solle er einen Knoten öffnen. Ginge dann die Fahrt nicht schnell genug, so könne er auch den zweiten lösen, vor dein dritten aber solle er sich hüten. Sogleich ging seine Reise durch die Luft vor sich, als er den ersten Knoten löste. Bald machte er auch den zweiten los und fuhr nun so geschwind wie eine Kanonenkugel dahin. Schon lag Föhr wieder vor seinen Augen, aber er konnte der Versuchung nicht widerstehen, auch den dritten Knoten zu öffnen. Nun ging es mit ungeheurer Schnelligkeit fort, und hätte er nicht auf den Kirchturm von St. Johannis getroffen, so wäre er über die Insel hinweggeflogen. Unglücklicherweise stieß der Mann mit dem Turmhahn zusammen und verlor dabei beide Beine.
in sechzehnten Jahrhundert lebte auf der Hallig Sandstrand ein Mann namens Benno. Der hatte viele Unmündige und Waisen betrogen, Kirchen und Schulen beraubt und großen Reichtum gewonnen, aber niemand wagte sich gegen ihn aufzulehnen.
Plötzlich starb der Mann in einer Nacht und ward mit großer Pracht in einem ausgemauerten Grabgewölbe mitten in der Kirche bestattet. In der nächsten Nacht hörten der Küster und die Nachbarn unversehens einen großen Lärm in der Kirche, so daß sie alle aus den Betten und Häusern hervorkamen. Am Morgen öffnete der Pastor mit seinem Küster und anderen im Namen Jesu die Haupttüre der Kirche, und mit Schrecken sahen sie, daß das Grab jenes reichen Mannes geöffnet und leer war. Kurz darauf erschien der Teufel in Bennos Gestalt, sah die Leute mit wildem Blick an und sprach: An diesem Leichnam wohne ich, er ist mein Eigentum. Die göttliche Gerechtigkeit befiehlt mir, drei Stunden lang bei Tag und drei Stunden lang bei Nacht in der Gestalt dieses Verdammten zu erscheinen. Darum gehet hinweg, oder es wird euch übel ergehen! « Der Pastor antwortete ihm ruhig, er solle aus dem Leichnam weichen, aber der Teufel fing laut an zu lachen und sagte auf friesisch: »Hemm kaant möh nandte düen!«
So wurde der Leichnam einige Wochen von den Würmern nicht verzehrt, sondern blieb frisch und gleichsam lebendig. Und der Satan trug ihn sogar bei hellem Mittag herum zum Schrecken der ganzen Gegend. Da wurden die Priester zusammengerufen, es wurden in allen Kirchen der Insel Gebete angeordnet, und dann ging man mittags gegen elf Uhr dem Teufel mutig entgegen. Dieser wandelte schon herum, aber machte sich eine ganze Stunde lang nichts aus den frommen Bedrohungen und Gebeten. Endlich fing der jüngste unter den anwesenden Priestern an, heftig und mit derben Worten den Teufel auszutreiben. Da bekannte der Satan sich endlich überwunden und rief auf friesisch: »Huort, huort, ek möth förth, dö würst eth düen! « Der Pastor warf mit Bibeln nach ihm und trieb den bösen Geist glücklich in die Hölle hinab. Der Leichnam des reichen Benno aber wurde jetzt von dem Scharfrichter von Husum außerhalb des Ackerfeldes der Insel im Schlamm begraben und mitten durch den Körper ein langer, spitzer Pfahl gestoßen, der bunt bemalt war.
Nicht lange nachher kam ein armer Bauer, dem es sehr an Brennholz fehlte und der von der ganzen Geschichte weiter nichts wußte, und fing an mit kräftigen Armen den Pfahl auszureißen. Da schrie der Teufel sogleich: »Aa, aa, lät jet murr! « Als der Bauer das hörte, stieß er den Pfahl mit aller Kraft wieder in die Tiefe, worauf der Teufel rief: »Dirr dä stör, aß an Schialm! « Der Pfahl hat noch viele Jahre gestanden und ist erst zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts durch eine Wasserflut weggerissen worden.
Ein Enkel des unseligen Bauern war später Ratsherr in Husum; er war ein vortrefflicher und liebenswürdiger Mann, aber beim Pöbel kamen er und seine Kinder nicht ohne Sticheleien weg und mussten oft das spöttische Wort »Benneke Bütendik« hören.
In Rungholt auf Nordstrand wohnten weiland reiche Leute; sie bauten große Deiche und wenn sie einmal darauf standen, sprachen sie: »Trotz nu, blanke Hans! «-
Ihr Reichtum verleitete sie zu allerlei Übermut. Am Weihnachtsabend des Jahres 1300 machten in einem Wirtshause die Bauern eine Sau betrunken, setzten ihr eine Schlafmütze auf und legten sie ins Bett. Darauf ließen sie den Prediger ersuchen, er möchte ihrem Kranken das Abendmahl reichen, und verschwuren sich dabei, dass wenn er ihren Willen nicht würde erfüllen, sie ihn in den Graben stoßen wollten. Wie aber der Prediger das heilige Sakrament nicht so graulich wollte missbrauchen, besprachen sie sich untereinander, ob man nicht halten sollte, was man geschworen. Als der Prediger daraus leichtlich merkte, dass sie nichts Gutes mit ihm im Sinne hätten, machte er sich stillschweigend davon. Indem er aber wieder heimgehen wollte und ihn zween gottlose Buben, so im Kruge gesessen, sahen, beredeten sie sich, dass so er nicht zu ihnen hereingehen würde, sie ihm die Haut voll schlagen wollten. Sind darauf zu ihm hinausgegangen, haben ihn mit Gewalt ins Haus gezogen und gefragt, wo er gewesen. Und wie er es ihnen geklaget, wie man mit Gott und ihm geschimpfet habe, haben sie ihn gefragt, ob er das heilige Sakrament bei sich hätte, und ihn gebeten, dass er ihnen dasselbige zeigen möchte. Darauf hat er ihnen die Büchse gegeben, darin das Sakrament gewesen, welche sie voll Biers gegossen und gotteslästerlich gesprochen, dass so Gott darinnen sei, so müsse er auch mit ihnen saufen. Wie der Prediger auf sein freundliches Anhalten die Büchse wiederbekommen, ist er damit zur Kirche gegangen und hat Gott angerufen, dass er diese gottlosen Leute strafe. In der folgenden Nacht ward er gewarnet, dass er aus dem Lande, so Gott verderben wollte, gehen sollte; er stand auf und ging davon. Und sogleich erhob sich ein ungestümer Wind und ein solches Wasser, dass es vier Ellen hoch über die Deiche stieg und das ganze Land Rungholt, der Flecken und sieben andre Kirchspiele dazu, unterging, und niemand ist davon gekommen als der Prediger und zwo, oder wie andre setzen, seine Magd und drei Jungfrauen, die den Abend zuvor von Rungholt aus nach Bopschlut zur Kirchmeß gegangen waren, von welchen Bake Boisens Geschlecht auf Bopschlut entsprossen sein soll, dessen Nachkommen noch heute leben. Die Ulversbüller Kirche hat noch eine alte Kirchentür von Rungholt.
Nun gibt es eine alte Prophezeiung, dass Rungholt vor dem jüngsten Tage wieder aufstehen und zu vorigem Stande kommen wird. Denn der Ort und das Land steht mit allen Häusern ganz am Grunde des Wassers und seine Türme und Mühlen tun sich oft bei hellem Wetter hervor und sind klar zu sehen. Von Vorüberfahrenden wird Glockenklang und dergleichen gehört. – Imgleichen wird bei der Süderog am Hamburger Sand ein Ort gezeigt, welcher Süntkalf geheißen und es ist ein Sprichwort:
Wenn upstaan wert Süntkalf,
So werd Strand sinken half.
Ein Segelschiff wurde einst auf der Reise nach England vom Sturm überfallen und geriet in große Gefahr. Zu allem Überfluß versagte auch noch das Steuerruder, und als die Schiffsleute über Bord sahen, um zu erkunden, wie das käme, gewahrten sie einen Wassermann. Er steckte seinen Kopf dicht am Ruder aus den Wogen und verlangte nach dem Schiffer. Der Kapitän, ein unerschrockener Mann, fragte ihn, wer er sei und was er wolle. »Ich bin der Meermann, mein Weib liegt in Kindesnöten; und da sie keine Hilfe hat, macht sie solchen Lärm in ihrer Wohnung. Deine Frau muß herunterkommen und ihr bei der Geburt helfen. « »Meine Frau schläft und kann nicht kommen«, antwortete der Schiffer. »Sie muß kommen!« rief der Meermann, »sonst macht meine Alte noch ärgeren Sturm und Seegang, und ihr geht mit Mann und Maus unter. « Die Frau des Kapitäns hatte alles gehört: »Ich komme gleich«, rief sie und stieg mit dein Meermann hinab in die Tiefe. Alsbald ward es stille und die See war ruhig. Der Schiffer hatte große Sorge um seine Frau, aber über eine kleine Welle hörte er unten in der See so lieblich das alte Wiegenlied »Heia, heia, hei« singen, und die Wellen gingen so eben und gleichmäßig, als wenn die ganze See wie eine Wiege geschaukelt würde. »Aha«, dachte er, »das Kind ist schon geboren und alles ist gut gegangen.« Es dauerte keine Stunde, da kam seine Frau wieder herauf aus der See und stieg glücklich wieder an Bord. Sie war kaum einmal naß geworden, hatte die ganze Schürze voll von Gold und Silber, und wußte viel zu erzählen. Das Meerweib hatte ein Kleines bekommen, welches man auf Sylt Seekalb zu nennen pflegt, aber die Meerfrau meinte, es sei so schön wie ein Engel.
Angeln
In Hüsby bei Schleswig wohnte eine alte, geizige Frau. Sie setzte ihren Dienstboten wenig zu essen vor, doch Sonntags gab's immer frisches Fleisch. Darüber wunderte sich das Gesinde, denn die Alte kaufte doch niemals solches ein.
Ein junges Knechtlein wollte der Frau gern hinter ihre Schliche kommen; er versteckte sich daher einmal auf dem Heuboden, während alle anderen Hausbewohner in die Kirche gegangen waren. Plötzlich bemerkte er, wie die Frau einen Wolfsriemen hervorlangte und umlegte. Gleich wurde sie zum Wolf, lief aufs Feld und kehrte bald mit einem Schaf zurück.
»Wenn sie so leicht zum Fleisch kommt«, dachte der Junge, »so kann sie es uns wohl auch reichlicher geben.« Als die Frau das Fleisch in den Topf steckte und dabei nach ihrer Gewohnheit seufzte: »Ach du leeve Gott, weer ik bi di!« da stellte sich der Junge, als wäre er der Herrgott, und antwortete:
»Nu un in Ewigkeit kümmst du nich zu mi!«
»Warum denn nich, du leeve Gott?«
»Du giffst din Volk nich nog in'n Pott (Topf).«
»Ei, so will ik betern mi.«
»Ja, gewiß, dat rad ik di!«
Die Frau legtte von nun an ein viel größeres Stück Fleisch in den Topf. Der Junge konnte aber nicht schweigen und plauderte die Sache im Dorf aus. Als die Frau an einem Sonntagmorgen wieder, zum Wolf verwandelt, ein Schaf holte, paßten ihr die Leute auf. Aber keine Kugel schadete ihr, bis man schließlich eine Flinte mit einer silbernen Kugel lud. Seit der Zeit hatte die Frau ihr Lebenlang eine offene Wunde, die kein Doktor heilen konnte, als Werwolf aber hat sie sich nie mehr gezeigt.
Rabenkirchen
Legende
Die Kirche liegt abseits des Ortes Rabenkirchen auf einer kleinen Erhebung. Nach einer Sage sollen sich zwei Raben als Himmelsboten auf dem weit vom Dorf entfernten Hügel niedergelassen und den Bauplatz der Kirche bestimmt haben. Doch wie bei vielen Kirchen des 12. und 13. Jahrhunderts existierte auch hier ein vorchristlicher Kultplatz. Darauf verweisen Odins Raben.
Süderbrarup |
Die "Heilige Quelle" von Süderbrarup hatte bereits in vorchristlicher Zeit einen Ruf als Heilquelle, der weit über die Landschaft Angeln hinausging. Ein reger Pilgerstrom konnte archäologisch anhand von Lager- und Feuerstätten nachgewiesen werden. Später übernahmen die Christen den Wallfahrtsort und -kult. Noch bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts wurden Kinder auf Wunsch mit diesem Wasser getauft.
Die Pilger machten Trinkkuren oder Waschungen, um von allen möglichen Gebrechen befreit zu werden. Ausgrabungen zeigen, dass früher vermutlich ein ganzer Teich dafür angelegt war. Dies wird auch durch den Flurnamen "Boykil" (Badequelle) gestützt. Diese Waschungen waren bei Sommertemperaturen am erträglichsten. Während der Jahrhunderte kristallisierten sich die "Jacobi-Tage" am letzten Wochenende im Juli als Wallfahrtstage heraus. Bei einer derartigen Ansammlung von Menschen blieben Händler und Gaukler nicht aus. Und man vermutet, dass dadurch der weithin bekannten Brarupmarkt entstand. Untersuchungen des Wassers der Heiligen Quelle ergaben, dass es schwach mit Radium angereichert war und tatsächlich im wissenschaftlichen Sinne heilen konnte.
Das heutige Erscheinungsbild der "Heiligen Quelle" in der Quellenstraße - kurz hinter dem gleichnamigen Freibad - entstand 1927, als der Bürgerverein die Quelle neu fasste. Das Wasser der Heiligen Quelle ist inzwischen versiegt. Der Brunnen führt nur noch nach Regenfällen Wasser. Denn gespeist wird er durch die Dränage des Sportplatzes, der sich oberhalb der historischen Stätte befindet, die neben dem Thorsberger Moor, dem Grabhügel Kummerhy und dem Gräberfeld auf dem Marktplatz zu den archäologischen Highlights von Süderbrarup zählt.
Der Herr von Zago auf Satrupholm war ein gewalttätiger Unhold, grausam gegen seine Dienstboten wie gegen seine Frau. Als er starb, fand sein unseliger Geist keine Ruhe im Jenseits. Gleich nach seinem Tode ging ein unheimliches Poltern und Rumoren im Schlosse an. Das Gespenst tobte in allen Räumen umher, schlug und quälte die Schlafenden und schreckte die zitternden Bewohner des Schlosses allabendlich, kaum daß sich die Dämmerung niedergesenkt hatte. Schließlich berief man einen berühmten Prediger aus Adelbye bei Flensburg, dem es früher schon mehrere Male geglückt war, Geister zu bannen. Er versprach auch auf Schloß Satrupholm Ruhe zu schaffen.
Gegen zwölf Uhr nachts begab sich der Geisterbanner mit der Bibel unter dem Arm in das Zimmer, wo sich der Spuk immer zuerst zeigte. Als die Uhr zwölf geschlagen hatte, ließ sich sofort ein schallendes Gelächter vernehmen, und der Geist trat in den Raum. Der Prediger öffnete die Bibel und las die Seiten laut vor, die sonst von Erfolg gewesen waren. Aber der Geist schritt auf ihn zu und schlug ihm das Buch aus der Hand. Der Geistliche mußte froh sein, noch mit heiler Haut davonzukommen. Das spukhafte Wesen im Schloß trieb es darnach doppelt so arg. Man war nahe daran, das Gebäude ganz zu verlassen, als sich noch eben zur rechten Zeit Hilfe ein, stellte.
Eines Abends kam ein Student der Theologie im Wirtshaus von Satrup an und bat um Nachtquartier. Nach einigen Ausflüchten gewährte der Wirt dem Studenten seine Bitte. Unter den übrigen Gästen kam bald die Rede auf den Spuk, und einer erzählte alles genau, was bisher geschehen war.
Der Student hatte aufmerksam zugehört. Er erbot sich sogleich, den Spuk zu bannen. Man führte ihn in das gleiche Zimmer, in dem der Prediger vor kurzem seinen Versuch gemacht hatte. Bald erschien der Geist. Der Student, die Bibel in der Hand, erteilte ihm erst eine lange Strafpredigt und stellte ihm alle seine Schandtaten vor. Darauf erwiderte der Geist, wer sich zum Strafprediger erhöht, müsse selbst rein sein; er, der Student, habe einmal beim Bäcker Semmeln gekauft, sei aber, ohne bezahlt zu haben, davongegangen. Der Student griff sogleich in die Tasche und warf dem Geist den schuldigen Groschen zu; darauf mußte dieser schweigen. Nun hielt der junge Mann das Heilige Buch hin und forderte das Gespenst auf, ihm die Bibel aus der Hand zu schlagen; aber der Geist war nicht imstande, dies zu tun, und mußte sich für überwunden erklären; nur eine Bitte brachte er noch vor, nämlich unter der Zugbrücke wohnen zu dürfen. Doch diese Bitte fand kein Gehör; denn der Geist hätte hier sicherlich die Vorübergehenden ständig belästigt, und das wollte der Geisterbanner vermeiden. Es wurde also eine große, hohle Buche nördlich vom Schloß als Verbannungsort ausersehen. Der Kutscher war schon bereit, Geist und Geisterbanner dorthin zu fahren, als dieser den! Wagenlenker vorerst noch befahl, das Hinterrad abzuziehen und in den Wagen zu: werfen. In vollem Galopp gings dann zum hohlen Baum, und der Geist mußte bis dahin die Achse. an welcher das Rad fehlte, tragen. Am Ziel angelangt, trieb der Student das Gespenst, schnell in den Baum hineinzufahren. Seit der Zeit war Ruhe im Schloß.
Viele Jahre später wollte ein neuer Besitzer alles Widerratens ungeachtet, den gefährlichen Baum fällen lassen. Aber die Knechte kamen bald wieder zurück und meldeten, daß keine ihrer Äxte in den steinharten Baum dringe. Da erbot sich der Schmied in Ausacker, die Beile zu schärfen. Es gelang nun, den Baum zu fällen; aber kaum stürzte er, als eine ungeheure Schar von Uhus und Eulen herbeigeflogen kam und mit entsetzlichem Geschrei und Gekrächze lange die Luft erfüllte.
Im Schloß aber hat sich der Spuk nie mehr gezeigt, man weiß auch nicht, wohin der Geist aus dem gefällten Baum entwichen ist.
Es war einmal ein Bauer, der hatte drei schöne große Katzen. Sein Nachbar kam und bat ihn um eine. Er erhielt sie und setzte sie auf den Boden, um sie einzugewöhnen.
Nachts steckte die Katze den Kopf durch die Bodenluke und fragte: »Was soll ich bringen über Nacht?«
»Mäuse sollst du bringen«, antwortete der Bauer. Da fing die Katze Mäuse und warf sie alle auf die Diele. Am andern Morgen lag die Diele so voll, daß man die Tür gar nicht öffnen konnte, und der Bauer fuhr den ganzen Tag die Mäuse haufenweise weg.
Nachts streckte die Katze den Kopf wieder durchs Bodenloch und fragte: »Was soll ich bringen über Nacht?«
»Roggen sollst du bringen«, antwortete der Bauer. Da schüttete die Katze die ganze Nacht Roggen hinunter, daß man morgens wieder die Tür nicht öffnen konnte. Da merkte der Bauer, daß die Katze eine Hexe war und brachte sie wieder zum Nachbarn. Und daran hat er klug getan; denn hätte er ihr zum drittenmal Arbeit gegeben, so hätte er sie niemals wieder loswerden können. Aber daran tat er nicht klug, daß er nicht das zweite Mal gesagt hatte: »Geld sollst du bringen!« Dann hätte er nämlich so viel Geld gehabt, wie er jetzt Roggen hatte.
Im Herzogtum Schleswig, in der Landschaft Angeln, leben noch Leute, die sich erinnern, nachstehende Erzählung aus dem Munde des vor einiger Zeit verstorbenen, durch mehrere gelehrte Arbeiten bekannten Pastor Oest gehört zu haben; nur weiß man nicht, ob die Sache ihm selbst, oder einem benachbarten Prediger begegnet sei. Mitten im 18.Jahrhundert geschah es, daß der neue Prediger die Markung seines Kirchsprengels umritt, um sich mit seinen Verhältnissen genau bekannt zu machen. In einer entlegenen Gegend steht ein einsamer Bauernhof, der Weg führt hart am Vorhof der Wohnung vorbei. Auf der Bank sitzt ein Greis mit schneeweißem Haar und weint bitterlich. Der Pfarrer wünscht ihm guten Abend und fragt: was ihm fehle? »Ach«, gibt der Alte Antwort, »mein Vater hat mich so geschlagen.« Befremdet bindet der Prediger sein Pferd an und tritt ins Haus, da begegnet ihm auf der Flur ein Alter, noch viel greiser als der erste, von erzürnter Gebärde und in heftiger Bewegung. Der Prediger spricht ihn freundlich an und fragt nach der Ursache des Zürnens. Der Greis spricht: »Ei, der Junge hat meinen Vater fallen lassen! « Damit öffnet er die Stubentüre, der Pfarrer verstummt vor Erstaunen und sieht einen vor Alter ganz zusammengedrückten, aber noch rührigen Greis im Lehnstuhl hinterm Ofen sitzen.
Viöl
Am Wege von Viöl nach Bargum in Nordfriesland sieht man auf der Heide Hügel von Flugsand. Da stand in alten Zeiten eine Stadt, die bei den Handelsleuten Ringkjöping hieß, weil wegen der Armut der Einwohner der Verkauf dort gering war. Im Westen war die Gegend mit Flugsand bedeckt, der mit jedem Jahre der Stadt näher rückte und sie zu verschütten drohte. Da erhielten die Einwohner Kunde von einer Grasart in einem fernen Lande, die im Sande wuchert und ihn zum Stehen bringt (Sandhafer). Und sie sandten Männer aus in jenes Land, um Samen zu holen. Ehe aber diese noch wiederkamen, erreichte der Sand die Stadt und bedeckte sie, und alle Einwohner mußten auswandern. Es haben die Leute später nachgegraben und Dachziegel von dem verschütteten Ort gefunden.
Nicht weit von Bau stand vorzeiten das alte Jagdschloß Waldemarstoft, das der König Waldemar im Sommer und Herbst bewohnte, um seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd, nachzugehen. Einmal ritt der König frühmorgens mit vielen Jägern und Hunden in den Wald. Die Jagd ward gut, aber je größer die Beute war, desto stärker ward in ihm die Lust. Der Tag verging, die Sonne neigte sich und noch immer ließ er nicht ab. Als endlich tiefe Nacht eintrat und die Jagd eingestellt werden mußte, rief der König aus: »0, wenn ich doch ewig jagen könnte!« Da erscholl eine Stimme aus der Luft: »Dein Wunsch sei dir gewährt, König Waldemar, von Stund' an wirst du ewig jagen.« Bald darauf starb der König, und von seinem Todestage an reitet er in jeder Nacht auf einem schneeweißen Pferde, umgeben von seinen Jägern und seinen Hunden, durch die Luft im wilden Jagen dahin. In den Johannisnächten ist er allein hörbar, doch hört man ihn im Flensburger Stadtgraben auch an Herbsttagen ziehen. Dann tönt die Luft von Hörnerklang und Hundegebell, von Pfeifen und Rufen wieder, als ob eine ganze Jagd im Anzuge wäre. Man sagt dann: »Da zieht König Wollmer!«
Die Wiedergänger nennt man Gongers. Man darf einem Gonger nicht die Hand reichen, sie verbrennt, wird schwarz und fällt ab.
Wem ein solcher Gonger begegnet, der erschrickt nicht, sondern wird vielmehr betrübt. Der Gonger meldet sich aber nicht in der nächsten Blutsverwandtschaft, sondern im dritten oder vierten Gliede. In der Abenddämmerung oder bei Nacht läßt er sich sehen in der Kleidung, in der er ertrunken ist. Er sieht dann zur Haustür hinein und lehnt sich mit den Armen darauf, geht auch sonst im Hause herum, verschwindet aber bald und kommt am folgenden Abend um dieselbe Zeit wieder. Nachts öffnet er, gewöhnlich in schweren aufgezogenen Stiefeln, die voll Wasser sind, die Stubentür, löscht mit der Hand das Licht aus und legt sich dem Schlafenden auf die Decke. Am anderen Morgen findet man einen kleinen Strom salzigen Wassers in der Stube, das dem Ertrunkenen von seinen Kleidern abgetröpfelt ist. Lassen sich die Verwandten durch dieses Zeichen noch nicht überreden, so erscheint der Gonger so lange wieder, bis sie es glauben.
Loit Sage
Im südlichen Angeln an der Landstraße von Schleswig nach Kappeln liegt am Osbek bei Loit ein Hügel, der Tutland genannt wird. Hier stürzte nämlich vor vielen Jahren einmal ein Halbmeister vom Pferde und brach den Hals. Er durfte nun nicht in geweihter Erde begraben werden, sondern die Ecke der anstoßenden Koppel Westerlük nahm den Leichnam auf. Seit der Zeit war's nicht geheuer an dem Orte. Alle Reisende wurden da beunruhigt, und die Leute im Dorf hörten an jedem Donnerstagabend, dem Todestage des Halbmeisters, den noch in Angeln gebräuchlichen Weheruf: 0 jaue tut! o jaue tut! Wer über die Brücke, die über den nahen Bach führt, ungehindert hinüberkam und nicht ins Wasser geworfen ward, konnte von Glück sagen. Sie heißt noch die Schelmenbrücke; aber auch auf dem Hügel Tutland hat der
Spuk jetzt aufgehört.
Flensburg
Als König Friedrich der Dritte von Dänemark eine öffentliche Zusammenkunft nach Flensburg ausgeschrieben, trug sich zu, dass ein dazu herbeigereister Edelmann, weil er spät am Abend anlangte, in dem Gasthaus keinen Platz finden konnte. Der Wirt sagte ihm, alle Zimmer wären besetzt, bis auf ein einziges großes, darin aber die Nacht zuzubringen wolle er ihm selbst nicht anraten, weil es nicht geheuer und Geister darin ihr Wesen trieben. Der Edelmann gab seinen unerschrockenen Mut lächelnd zu erkennen und sagte, er fürchte keine Gespenster und begehre nur ein Licht, damit er, was sich etwa zeige, besser sehen könne. Der Wirt brachte ihm das Licht, welches der Edelmann auf den Tisch setzte und sich mit wachenden Augen versichern wollte, dass Geister nicht zu sehen wären. Die Nacht war noch nicht halb herum, als es anfing, im Zimmer hier und dort sich zu regen und rühren und bald ein Rascheln über das andere sich hören ließ. Er hatte anfangs Mut, sich wider den anschauernden Schrecken fest zu halten, bald aber, als das Geräusch immer wuchs, ward die Furcht Meister, so dass er zu zittern anfing, er mochte widerstreben, wie er wollte. Nach diesem Vorspiel von Getöse und Getümmel kam durch ein Kamin, welches im Zimmer war, das Bein eines Menschen herabgefallen, bald auch ein Arm, dann Leib, Brust und alle Glieder, zuletzt, wie nichts mehr fehlte, der Kopf. Alsbald setzten sich die Teile nach ihrer Ordnung zusammen und ein ganz menschlicher Leib, einem Hof-Diener ähnlich, hob sich auf. jetzt fielen immer mehr und mehr Glieder herab, die sich schnell zu menschlicher Gestalt vereinigten, bis endlich die Türe des Zimmers aufging und der helle Haufen eines völligen königlichen Hofstaats eintrat.
Der Edelmann, der bisher wie erstarrt am Tisch gestanden, als er sah, dass der Zug sich näherte, eilte zitternd in einen Winkel des Zimmers; zur Tür hinaus konnte er vor dem Zuge nicht.
Er sah nun, wie mit ganz unglaublicher Behendigkeit die Geister eine Tafel deckten; alsbald köstliche Gerichte herbeitrugen und silberne und goldene Becher aufsetzten. Wie das geschehen war, kam einer zu ihm gegangen und begehrte, er solle sich als ein Gast und Fremdling zu ihnen mit an die Tafel setzen und mit ihrer Bewirtung vorlieb nehmen. Als er sich weigerte, ward ihm ein großer silberner Becher dargereicht, daraus Bescheid zu tun. Der Edelmann, der vor Bestürzung sich nicht zu fassen wusste, nahm den Becher und es schien auch, als würde man ihn sonst dazu nötigen, aber als er ihn ansetzte, kam ihn ein so innerliches, Mark und Bein durchdringendes Grausen an, dass er Gott um Schutz und Schirm laut anrief. Kaum hatte er das Gebet gesprochen, so war in einem Augenblick alle Pracht, Lärm und das ganze glänzende Mahl mit den herrlich scheinenden stolzen Geistern verschwunden.
Indessen blieb der silberne Becher in seiner Hand, und wenn auch alle Speisen verschwunden waren, blieb doch das silberne Geschirr auf der Tafel stehen, auch das eine Licht, das der Wirt ihm gebracht. Der Edelmann freute sich und glaubte, das alles sei ihm gewonnenes Eigentum, allein der Wirt tat Einspruch, bis es dem König zu Ohren kam, welcher erklärte, dass das Silber ihm heimgefallen wäre und es zu seinen Händen nehmen ließ. Woher es gekommen, hat man nicht erfahren können, indem auch nicht, wie gewöhnlich, Wappen und Namen eingegraben war.
In den Hüttemer Bergen in Holstein wohnte vor langer Zeit eine große Menge von Zwergen. Im Kindelberg hat man sie besonders häufig gehört, wie sie butterten, und im Plätenberg bei Wittensee, wie sie miteinander redeten. Aber als die Kirchenglocken ertönten, haben sie alle miteinander die Gegend verlassen.
Da zogen die Zwerge nach der Marsch zu, kamen in der Nacht an die Hohner Fähre und wollten sich übersetzen lassen. Die Kobolde weckten den Fährmann; als dieser aber herauskam und niemand zu sehen war, ging er in sein Haus zurück und wollte wieder ins Bett. Da klopften sie noch einmal und eine Weile danach zum dritten mal an, und als der Fährmann nun aufs neue erschien, sah er, wie es vor dem Haus drunter und drüber ging und vor lauter kleinen grauen Leuten nur so wimmelte.
Da war einer unter ihnen mit einem langen Bart, der forderte den Fährmann auf, sie alle über die Eider zu setzen; sie könnten nämlich die Glocken und den Kirchengesang nicht länger vertragen und wollten anderswohin.
Der Schiffer machte die Fähre los und stellte seinen Hut ans Ufer, wie der Kleine mit dem Bart es ihm aufgetragen hatte. Und nun stiegen sie alle in den Prahm hinein, Männer, Weiber und Kinder, und zwar so viele, dass der Prahm zum Bersten voll wurde. So ging es jedesmal, sooft der Fährmann wieder zurückkam, und er hatte die ganze Nacht nichts anderes zu tun, als hin- und herzurudern, und immer war die Fähre gleich voll.
Als er endlich die letzten Zwerge hinübergebracht hatte, sah er, wie das ganze Feld auf der anderen Seite von vielen Lichtern flimmerte, die durcheinander hüpften. Die Zwerge hatten nämlich kleine Laternen mitgebracht, die sie nun ansteckten. Am Ufer aber, vor seinem Hause, fand der Fährmann seinen Hut ganz vollgehäuft von kleinen Goldpfennigen. Denn jeder Zwerg hatte beim Einsteigen einen solchen Pfennig in den Hut geworfen. Dadurch wurde der Fährmann ein steinreicher Mann und blieb es Zeit seines Lebens. Er bedauerte nur, dass er kein zweites Mal Gelegenheit hatte, ein Volk von Zwergen überzusetzen.